Organisationsaufstellung für langfristigen Erfolg
Organisationsaufstellung für langfristigen Erfolg

Organisationsaufstellung: Phänomen des unbewussten Informationsaustausches effektiv und nachhaltig für das Unternehmen nutzen

Nur Unternehmen, die Zusammenhänge erkennen und das Gesamt-System verstehen, werden langfristig erfolgreich sein.

Dieter Orth nutzt seit 1997 die so genannte „systemische Organisationsaufstellung“ als phänomenologische Methode, um in Unternehmen unbewusste Strukturen bzw. Wechselwirkungen sozialer Beziehungen innerhalb von Teams zu erkennen und konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen zu identifizieren. Denn der Erfolg eines Unternehmens, so Orth, ist unabdingbar verknüpft mit dem optimalen Zusammenspiel aller in einem System.

Frage: Herr Orth, Sie bieten systemische Organisationsaufstellungen an. Was ist darunter zu verstehen?

Orth: Die systemische Organisationsaufstellung ist eine phänomenologische Methode, bei der durch räumliche Aufstellungen Unternehmensstrukturen bzw. Systeme simuliert werden. Ziel dieser Anordnungen ist es nicht, „die Wirklichkeit“ widerzuspiegeln, sondern Realitäten und Problemfelder darzustellen, die von Menschen erzeugt werden. Sie können sich das so vorstellen, dass Beziehungen – ritualisierte Kommunikationsmuster, Relationen zwischen Mitarbeiten und/oder Geschäftsführern, Teamkonflikte, Blockaden in Unternehmen und Abteilungen – erkannt und verdeutlicht werden. Dieses Bewusstmachen ermöglicht anschließend Lösungsansätze für eine gute Führungsordnung, die Anerkennung von Leistungen, das Sichtbarmachen familiärer und persönlicher Verstrickungen und somit die Wiederherstellung einer optimierten Arbeitsfähigkeit.

Oft ist zu beobachten, dass sich zwischen der subjektiven Wahrnehmung interner Prozesse in Unternehmen durch die Geschäftsführung und der Unternehmensrealität erhebliche Lücken auftun. Ich gehe von der These aus, dass jedes Mitglied eines Systems seinen definierten Handlungsspielraum hat, der wiederum durch weitere Systemelemente geprägt und geleitet wird: Wenn jeder die Rangfolge, die Zugehörigkeit, die gegenseitige Anerkennung von Leistungen beachtet, profitiert das gesamte System. Sie können diesen Gedanken an einem Fußball-Team nachvollziehen: Jeder Spieler hat seinen festen Platz auf dem Feld – und nur, wenn sich jeder an die Regeln hält und seinen ihm angemessenen Platz einnimmt, kann das Spiel erfolgreich sein

Frage: Bei welchen Problemen halten Sie eine Organisationsaufstellung für sinnvoll?

Orth: Die Ansatzpunkte sind vielfältig. Um zwei Beispiele zu nennen: Ein Mitarbeiter hat, egal, mit welchen Vorgesetzten er zusammenarbeitet, immer wieder Auseinandersetzungen mit ihnen. Ein anderer Mitarbeiter kann eine Frau als Vorgesetzte nicht akzeptieren, obwohl diese hervorragende Führungsqualitäten besitzt. Organisationsaufstellungen können beispielsweise Unternehmensfusionen und Zusammenlegungen von Abteilungen erfolgreich vorbereiten, das Kundenmanagement optimieren, Klärung in Spannungsfelder von Privatleben und Beruf bringen oder bislang ungenutzte Ressourcen freilegen.

Frage: Mit welchem Gedankenansatz geht die Organisationsaufstellung vor?

Orth: Die Organisationsaufstellung zählt zum Kreis der systemischen Kurzzeit-Therapien auf Basis von Konzepten systemtheoretischer Wissenschaft. Alle Prozesse in Unternehmen stehen im wahrsten Sinne des Wortes zueinander in Verbindung; durch die Möglichkeit einer Aufstellung können Probleme oder Herausforderungen im doppelten Wortgebrauch „bildlich“ dargestellt werden. Im Zentrum der Betrachtung steht nicht die Frage nach dem „Warum“, sondern nach dem „Wie“: Wie kann ich Prozesse optimieren? Durch eine Kombination aus verbalen und nonverbalen Aussagen gelingt es in der Organisationsaufstellung, einzigartige Informationen über das System und die Prozesse im Unternehmen hervorzuheben.

Frage: Welche Voraussetzungen gelten für eine systemische Organisationsaufstellung?

Orth: Anlass einer solchen Aufstellung ist ein konkretes Problem oder eine Fragestellung, die ein Mitarbeiter vorträgt. Voraussetzung ist, dass sich die Teilnehmer, wir nennen sie Klienten, einlassen können auf eine Aufstellung. Da der Alltag von Managern sehr viel intensiver geprägt ist durch Logik, Theorie und Schriftverkehr als durch Emotionen, Praxis und Gestik sowie Mimik, fällt es ihnen daher nicht immer leicht, sich diesem Lösungsansatz zuzuwenden. Niemand von ihnen würde jedoch bestreiten, dass Gefühle wie die des Verliebtseins oder Liebeskummer im Beziehungssystem nicht auch erhebliche Konsequenzen im Denken und Handeln mit sich bringen.

Frage: Können Sie den Ablauf einer Organisationsaufstellung kurz schildern?

Orth: Es bieten sich zum einen verschiedene Möglichkeiten der Aufstellung an, z.B. Drehbuch-Aufstellungen, Marketing- und Produktionsaufstellungen oder Strukturaufstellungen nach Kibéd und Sparrer. Darüber hinaus wird in einem Setting detailliert geklärt, wie und nach welcher Fragestellung die Aufstellung erfolgen soll und welche Rahmenbedingungen eingehalten werden. Anschließend stellt der Coach mit Hilfe von Repräsentanten – dies können Mitarbeiter sein oder auch Gegenstände – Beziehungsstrukturen im Raum auf. Befragungen der Aufgestellten nach ihrer Befindlichkeit und ggf. mehrmaliges Umstellen der Personen können Veränderungen einleiten.

Frage: Welche unmittelbaren Auswirkungen können sich bei den Organisationsaufstellungen ergeben?

Orth: Ausgehend von der Tatsache, dass es ein Netz bewusster wie unbewusster Interaktionen gibt, werden in der Organisationsaufstellung Situationen wie „Einzelkämpfer oder Teamplayer“, „Lob oder Tadel“, „Nähe oder Distanz“ verdeutlicht. Es kann zu Körperempfindungen wie z.B. erhöhtem Herzschlag, Unruhe, Distanz zu Mitarbeitern oder Wut kommen: Diese nonverbalen Aussagen vermitteln wichtige Informationen und Einsichten in die Entwicklungsmöglichkeiten und in die Dynamik eines Systems.

Frage: Wann können diese Aufstellungen abgeschlossen werden?

Orth: Die Aufstellung wird dann erfolgreich beendet und die Teilnehmer zu einem „Entrollen“ aufgefordert, wenn z.B. jeder Aufgestellte einen kraftvollen Platz gefunden hat, die Teilnehmer konstruktiv zusammenagieren oder persönliche Verstrickungen im System gelöst werden konnten.

Frage: Welchen langfristigen Nutzen haben Organisationsaufstellungen für die Unternehmen?

Orth: Sie lösen ohne großen zeitlichen und finanziellen Aufwand systemimmanente Probleme und Fragestellungen. Darüber hinaus können sie u.a. die Fähigkeiten zum Querdenken trainieren, die gegenseitige Achtsamkeit erhöhen und Zusammenhänge sehr deutlich und klar veranschaulichen. Unternehmen profitieren daher sehr vielschichtig und nachhaltig von den Möglichkeiten einer systemischen Aufstellung.

Herr Orth, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Irene Nana Kullmer M