Schust: Führung 5.0
Schust: Führung 5.0
Schust: Führung 5.0

Prof. Schust im Interview mit „Profil“ mit Genossenschaftsverband Bayern und dem Süddeutschen Verlag

Nichts verändert die Welt so sehr, wie der technische Fortschritt und die Umwelt. So schafft die digitale Revolution, dass die Lebenswelten vieler Menschen dramatisch verändert werden. Für hochqualifizierte Menschen schafft sie traumhafte berufliche Perspektiven. Sie zerstört aber gleichzeitig die Aussichten vieler weniger qualifizierter Menschen – auch in den Entwicklungsländern. So bestimmt die Qualität der Führung, die Qualität unserer Zukunft, unseres Berufslebens, unserer Gesellschaft und unserer Umwelt. Wollen wir den Wandel meistern, so ist der Wechsel vom eindimensionalen zum nachhaltigen Denken und Handeln notwendig: Der „Führung 5.0“. Das eBook dazu ist unter „Schust“ gegen Gebühr herunterladbar im Verlag www.bookboon.com.

 

1. Sehr geehrter Herr Prof. Schust, was genau verstehen Sie unter Führung 5.0?

Die digitale Revolution ist dabei die Wirtschaft und Lebenswelten vieler Menschen drastisch zu verändern. Für hochqualifizierte Menschen schafft sie traumhafte berufliche Perspektiven. Sie zerstört aber gleichzeitig die Aussichten weniger qualifizierter Menschen auf sichere Arbeitsplätze in vielen Branchen und Handwerke. Schon heute üben mehr als die Hälfte aller Erwerbstätigen Tätigkeiten aus, wo sie mit produzieren, einholen, weitergeben, umformen und/oder benutzen von Informationen zu tun haben. Dies führt zu völlig neuen Tätigkeitsprofilen, die in den Firmen selbst entwickelt werden müssen. Auch erfolgt die zwischenmenschliche Kommunikation in interdisziplinären Netzwerken und weniger in herkömmlichen Matrix-/ Linienstrukturen. So werden Hierarchien deutlich flacher, die Berichtsspannen erweitert und unnötige Schnittstellen vermieden. Die Führungskraft wird so zum Vernetzer/Unterstützer, die die agilen bzw. beweglichen Teams optimal unterstützt, vernetzt und konsequent auf die Kunden- und Userbedürfnisse ausrichtet.

2. Die Zeit der Einzelkämpfer ist anscheinend vorbei, wieso?

Die Zeit des einsamen Entscheidens neigt sich dem Ende zu.  In der Studie Development Leadership for the 21st Century von Korn/Ferry glauben schon mehr als 60% der Führungskräfte, dass Unternehmen zukünftig von gemischten Teams auf Zeit geführt werden, wobei Entscheidungsbefugnis und Verantwortung an die entscheidenden Stellen verlagert werden. Der Wandel betrifft also nicht nur neue Führungs- und Geschäftsmodelle, sondern auch die Art und Weise der Qualität der Führung und Kommunikation. Wer neue Initiativen und den Wandel will, muss auch den „Sand im Getriebe“ entfernen. So reicht es nicht mehr das Unternehmen nur über Zahlen-Daten-Fakten zu führen, sondern eine Kultur zu erzeugen, dass die Mitarbeiter ihre „PS auch auf die Straße bringen“ (sog. Doppelte Digitale Transformation nach Schust).

3. Welche Rolle muss eine Führungskraft in Zukunft übernehmen und welche Fehler sollte sie vermeiden?

Zukünftig wird in unserer Gesellschaft der „funktionierende“ Arbeitsmensch an Bedeutung verlieren. Es werden immer mehr solche Menschen gebraucht, die mitdenken und mitgestalten, sich einbringen, um mit anderen zusammen nach Lösungen der Zukunft zu suchen. Arbeiten heißt nicht sich möglichst lange am Schreibtisch festzuhalten, sondern mit anderen Wissen + Können + Lernen zu teilen und abzustimmen. So geht es darum, Mitarbeiter für die Ziele bzw. Ergebnisse und/oder Visionen zu begeistern. Der Schlüssel dazu sind Ehrlichkeit, Vertrauen und konstruktives Feedback, das wir alle brauchen (auch Führungskräfte) um noch besser zu werden. Wer jedoch nie das Zuhören gelernt hat, Menschen nicht wertschätzt, sondern mit Ängsten „füttert“, wird auch keine herausragenden Leistungen erwarten können.

4. Was können etablierte Unternehmen von Startups lernen?

In Start-ups ist das Unterstützungsprinzip ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wissen wird geteilt und nicht „gebunkert“. Denn es steigert das Selbstwertgefühl, so dass Menschen bereit sind, ihre Leistungsnormen kontinuierlich anzuheben. Es ist überhaupt die Voraussetzung dafür, dass Menschen Höchstleistungen erbringen. Der Quantensprung wird dadurch erzielt, dass die richtige Balance zwischen Führung und Kontrolle einerseits und individueller Verantwortung und Leistungsbereitschaft andererseits gefunden ist. Der Wertschöpfungsgewinn wird so  erheblich gesteigert, weil das Lernen der Organisation als Ganzes die Mitarbeiter und Führung auf eine neue Lernkurve katapultiert. Je sozial-kompetenter die Einzelnen des Systems sind, desto leichter und effektiver werden die (personellen) Schwachstellen offen / ehrlich über alle Disziplinen hinweg eliminiert.

5. Welchen Eindruck haben Sie von Deutschlands aktueller Innovations- und Führungskultur?

Wir leben heute in Deutschland von der Substanz bzw. von unseren hervorragenden technologischen (aber z.T. schon veralteten) Produkten. Sie sind oftmals überhaupt nicht auf die Umwelt abgestimmt, sondern sorgen dafür, dass der Emissions-Ausstoß weiterhin gesteigert wird. Leider benötigen wir aber Produkte/Dienste, nachhaltige Konzeptionen und Recycling- und Herstellungsverfahren, die der Zerstörung unserer Umwelt entgegenwirken. Die Umsetzung dieser neuen Ideen dauert viel zu lange. Auch bremsen zu hohe Renditeerwartungen (es gibt auch Ausnahmen) diesen Paradigmenwechsel komplett aus. So ist unsere Wirtschaftsmacht im Global Innovation Index der INSEAD Business School und Cornell University nur Mittelmaß (15.Platz), weil Führungskräfte viel zu kurzfristig denken, Innovationen und neue Geschäftsmodelle blockieren, da diese Geld kosten und von den Anteilseignern nicht honoriert werden.

Weiter lesen Sie hier – Führung macht den Unterschied