Interview zu E-Commerce
Interview zu E-Commerce

„Nirgends wird mehr Geld verschenkt als im E-Commerce“

Prof. Dr. Mario Fischer, Mitglied des wissenschaftlichen SCOPAR-Beratergremiums.

Wer von den weiter wachsenden Milliarden-Umsätzen im Online-Geschäft profitieren will, darf den Unternehmensauftritt im Internet nicht als lästiges Thema, sondern muss ihn als wesentlichen Erfolgsfaktor sehen.

SCOPAR-Fischer-E-Commerce-Beratung

LIVE auf der CeBIT am Donnerstag den 06. März 2008, 13:00 – 14:00 Uhr

Michael Jost: Herr Professor Fischer, wie groß schätzen Sie den durchschnittlichen Umsatzanteil von E-Commerce b2b / b2c heute und wo schätzen Sie liegt er 2010?

Professor Fischer: 2007 wird er wohl bei etwas über 18 Mrd. Euro gelegen haben. Die jährlichen Wachstumsraten werden nun langsam kleiner, was aber völlig normal ist. Spannend sind aber nicht die aggregierten Umsätze, sondern die, die ein einzelnes Unternehmen machen kann. Der Löwenanteil wird noch immer von den großen Multi-Channel-Versendern gemacht. Bei mittelständischen und kleineren Unternehmen ist noch viel zu holen. Für 2010 rechnet der Branchenverband des Deutschen Versandhandels damit, dass bereits die Hälfte des gesamten Versandhandelsvolumens via Online erzielt werden wird.

Michael Jost: Das sind beeindruckende Zahlen, aber im Online Geschäft gibt es ja einige „Big Player“, ist es da überhaupt möglich mit optimierten Online-Systemen von diesem Kuchen etwas abzubekommen?

Professor Fischer: Warum denn nicht? Im Web einzukaufen ist schneller, bequemer, oft günstiger und letztlich durch das Rückgaberecht für Konsumenten sogar „sicherer“. Auch eine optimierte Webseite, die gut in Suchmaschinen gefunden wird, hilft dem Offline-Umsatz. Das gilt für einen Frisör genauso wie für einen Nischenanbieter von Schlafanzügen für Zwerghamster. 14.000 Suchanfragen werden im Google-Netzwerk jede Sekunden gestartet, etwa ein Drittel davon hat einen lokalen Bezug. Die Menschen suchen zum Teil verzweifelt Produkte und Dienstleistungen – nur werden sie noch immer nicht oft fündig. Unternehmen nehmen häufig zu Unrecht an, eine eigene Webseite wäre ein lästiges Must-have und man könne damit kein Geld verdienen. Da bleibt unvorstellbar viel Geld auf der Straße liegen. Jacob Nielsen hat erst vor kurzem eine große Studie abgeschlossen, die besagt, dass im Schnitt 83% Umsatzsteigerungen durch Usability-Verbesserungen realisiert werden können.

Michael Jost: Das ist aber doch branchenabhängig! Was nütz ein optimierter Web-Auftritt einem Unternehmen, was nur „konventionelle“ Geschäfte macht?

Professor Fischer: Das trifft auf alle Branchen zu. Wem würde ein „problemlos gefunden werden“ denn nicht nützen? Wie sollen Neukunden ein Unternehmen finden, dessen Namen, Standort und Produktbezeichnungen sie noch nicht kennen? Das geht am einfachsten über eine vernünftig gestaltete und für Suchmaschinen optimierte Website.

Michael Jost: Wieviel Geld muss man in die Hand nehmen, um diese Chancen wahrzunehmen und wie lange dauert es, bis sich ein Erfolg einstellt?

Professor Fischer: Konzentriert man sich zunächst auf bezahlte Anzeigen in Google & Co. kann man oft schon mit wenigen Euro pro Tag mit einem Besucherzuwachs rechnen. Vorausgesetzt man geht mit dem Budget effizient um. Steckt man mehr hinein, kommen mehr Kunden raus. Eine einfache Rechnung. Die Frage der Budgethöhe stellt sich so eigentlich gar nicht. Gewinne ich mit 5 € einen neuen Kunden pro Tag, sind es zwei bei 10 €. Solange ich mehr als diese 5 € an einem Neukunden verdiene, stocke ich vernünftigerweise das Budget so lange auf, bis das volle Potential abgeschöpft ist. Anders als bei allen anderen Werbeformen muss man hier ja tatsächlich erst bezahlen, wenn auch wirklich Kunden auf die Website kommen, also auf Anzeigen klicken. Allerdings muss man eine nutzerfreundliche Seite für den Erstbesucher vorhalten. Das, was spleenige Agenturen oder selbstdarstellerische Chefs da oft publizieren, ist davon allerdings weit entfernt. Der potentielle Kunde verschwindet schneller wieder, als er gekommen ist. Leider wird hier teils gar nicht oder teils falsch gemessen. Robuste und aussagekräftige Kennzahlen liegen so gut wie nie vor. Ein reiner Blindflug ist das, was die meisten Unternehmen hier machen.

Michael Jost: Kann es sein, dass man durch einen mäßigen Online-Auftritt sogar Umsatzanteile verliert? Was sind denn die Kardinalsünden??

Professor Fischer: Natürlich! Meist dann, wenn die Mitbewerber besser sind bzw. Webseiten haben, die leichter zu bedienen und/oder zu verstehen sind. Als größte Sünden identifizieren wir bei unseren Tests und Analysen oft eine nicht intuitiv verständliche Navigation, lieblose Produktbeschreibungen und –bilder und komplizierte Bestellprozesse. Das Problem dabei ist, dass die Menschen im Unternehmen sich selbst oft gar nicht mehr vorstellen können, dass ein Außenstehender Produktbezeichnungen oder Fachbegriffe nicht kennt. Hier spielt oft die Betriebsbrille einen Streich. Wenn man selber tagtäglich mit Dingen umgeht, fällt es schwer einzusehen, dass andere Menschen Probleme beim Umgang haben können. Nicht selten finden wir bei Tests auch gravierende Fehler in der Programmierung. Selbst die einfachsten Fehlersimulationen, wie in ein Eingabefeld einen unerwarteten Wert einzugeben, bringen viele Shopsysteme noch immer zum Abbruch. Etwa 10 Prozent erstellen bei einer Stückzahleingabe mit einem Minuszeichen vor der Zahl eine Gutschrift. Oder man drückt unbedarft den Zurück-Knopf im Browser und alle Formulareingaben sind futsch. Wer dann „Diese Seite ist nicht mehr gültig“ zu lesen bekommt – der überlegt sich dreimal, ob er hier einen neuen Anlauf nimmt oder lieber gleich bei der Konkurrenz einkauft. Da geht definitiv Geld verloren.

Michael Jost: Ihre Argumente sind ja schon nachvollziehbar, warum nutzen Unternehmen denn dann sie sich bietenden Chancen nicht und geben sich mit mäßigen Webseiten und durchschnittlichen Shops zufrieden geben?

Professor Fischer: Weil man die vielen, teilweise verzweifelten Menschen, die mit dem Unternehmen Kontakt aufnehmen möchten nicht sehen kann. Sie sind allesamt anonyme Aufschläge auf einer Festplatte des Webserver. Aussagekräftige Kennzahlen werden nicht ermittelt und eine Auswertung der Bewegungsmuster der Besucher über die Webseiten unterbleibt bei den meisten Betreibern. In einem realen Ladengeschäft würden die Werksfeuerwehr, die Beratungsfirma Mac Ypsilon und der Chef höchstpersönlich anrücken, wenn nur 2 Prozent der Menschen etwas kaufen würden. Man würde sich auf die Lauer legen und beobachten, warum die Kunden so viele volle Einkaufswägen vor der Kasse stehen lassen. Warum so viele nur den Eingangsbereich betreten und auf dem Absatz wieder kehrt machen. Man würde die Gründe analysieren, abstellen und testen, ob nun wieder jeder neun von zehn etwas kaufen. Im Web wird das komischerweise wortlos akzeptiert. Das ist halt „irgendwie so“. Natürlich wird man keine Umwandlungsraten (Konversionsraten) von 80% erzielen können. Aber ein oder zwei Prozent sind einfach trotzdem zu wenig. Man muss umgekehrt denken! 98% der Besucher kaufen nicht? Woran könnte das liegen? Diese Haltung bringt ein Unternehmen weiter. Die Fehler, die Menschen abhalten zu kaufen, findet man meist schnell.

Michael Jost: Worauf kommt es denn dann besonders an, wenn man seine Internetpräsenz optimieren will?

Professor Fischer: Das ist theoretisch leicht gesagt, aber in der Praxis bedeutet es oft harte Arbeit: Die Seiten müssen leicht und einfach verständlich und bedienbar sein. Ohne Schnick-Schnack! Webseiten die Geld verdienen, bekommen keine Preise verliehen. Die Usability muss gut sein. Wenigstens gut. Die zweite Säule, die Stabilität für einen Umsatzzuwachs bringt, ist die Seiten für Suchmaschinen zu optimieren. Dazu muss man die richtige Programmiertechnik auswählen, die Suchworte der Suchenden kennen (nicht die des Unternehmens!) und man muss die geschriebenen Texte dahin gehend. Wer „Wir sind ein Hersteller von Bleistiften“ auf die Webseite schreibt, braucht sich nicht wundern, dass er mit dem Suchwort „Bleistift“ nicht gefunden werden kann. „Bleistiften“ sucht selbstverständlich niemand, der noch richtig im Kopf ist. Selbstverständlich sind in Sachen Suchmaschinen noch einige Aufgaben mehr zu bewältigen. Die alle hier aufzuzählen, würde aber den Rahmen sprengen. Man muss die Kunden also abholen – sorry: Sich von ihnen finden lassen. Und sie dann mit einer guten Usability möglichst leicht durch die eigenen Webseiten gleiten lassen: Zum Warenkorb, zur Kontaktseite oder auch zur Newsletteranmeldung. Wie auch immer die eigenen Ziele definiert werden.

Michael Jost: „Gefunden werden“ ist ja dann eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Web-Auftritt, Ist es demnach sinnvoll, sich auf eine optimierte Platzierung bei den dominanten Suchmaschinen in Deutschland / Europa / der Welt zu konzentrieren?

Professor Fischer: Nach unserer Erfahrung unbedingt! Auf das erste Ergebnis bei Google klicken etwa 46% aller Suchenden auf der ersten Seite. Auf Platz 6 noch durchschnittlich 4,5 %. Das bedeutet eine Besuchersteigerung von 1.000%, wenn man es von Platz 6 auf 1 schaffen sollte. Hat man einen funktionierenden Shop dahinter und alle Randbedingungen bleiben gleich, steigt auch der Umsatz um diese Dimension. Wer kaufmännisch ausgebildet ist, wird gleich erkennen, dass der Gewinn hier überproportional zum Umsatz steigern muss. Mit anderen Worten: Einige wenige, gute Platzierungen ganz vorne bringen deutlich mehr, als hunderte von Begriffen auf den Folgeseiten der Suchergebnisseiten von Suchmaschinen. Im deutschsprachigen Raum ist wohl derzeit eine Konzentration auf Google anzuraten. Hier tummeln sich mit allen Partnersites etwa 90-95% des gesamten Suchvolumens.

Michael Jost: Wenn die Platzierung auf der Ergebnisseite so wichtig ist, sollten Unternehmen dann gute Platzierungen zu kaufen?

Professor Fischer: Das richtige Business spielt sich auf der ersten Seite ab; hier klicken 90% der Nutzer. Das bedeutet, Seite 2 bis Ultimo teilen sich nur noch 10%. Damit kann man auch noch Geschäft generieren, aber in der Regel keines, das besonders viel Spaß macht.

Platzierungen kann man bei Google nicht kaufen. Man kann Werbeanzeigen für einzelne Suchworte buchen und ein Maximalgebot pro Klick angeben. Aber Google achtet auch hier auf die Relevanz. Es wird intern für jedes Suchwort ein Qualitätsfaktor ermittelt. Dieser fließt zusammen mit dem Maximalgebot in das Ranking der Anzeige je zur Hälfte mit ein. Passt ein Suchwort nicht zur Webseite wird der Algorithmus von Google schnell pampig und versauert den Werbetreibenden mit hohen Mindestgeboten von bis zu 8 € pro Klick die Schaltung. Sorgt man aber umgekehrt für treffende Suchworte und hohe Relevanz, wird man von Google durch hohe Platzierungen und niedrige Klickkosten belohnt. Besser wird billiger, tumb Geld bieten bringt auf Dauer wenig. Hier wird übrigens viel Geld von Unternehmen verblasen. Das Interface für Google-Adwords ist recht einfach zu bedienen – eine vernünftige Online-Kampagne anzulegen allerdings nicht. Vom notwendigen Verständnis, wie Google rechnet, ganz zu schweigen. Daher findet man in einschlägigen Foren auch immer wieder großes Gejammer. Unternehmen sparen da oft an der falschen Stelle. Online-Werbung ist diffizil und komplex. Nur weil man MS Word bedienen kann, kann man noch lange keinen überzeugenden Brief schreiben. So ist es hier wohl auch.

Michael Jost: Wodurch versäumen Unternehmen denn typischerweise TOP-Platzierungen bei Suchmaschinen?

Professor Fischer: Sie lassen Agenturen Technologien einsetzen, die Suchmaschinen den Weg zur Inhaltserkennung der Seiten verwehren. Ein großes Problem, denn woher soll ein Unternehmen, das Bremsklötze herstellt, wissen, welche Techniken Suchmaschinen nicht schmecken. Webagenturen verdienen aber mit sog. Flash-Animationen viel mehr Geld als mit einfachen Webseiten. Dazu kommt, dass selbst auf das Web spezialisierte Agenturen oft noch immer nicht wissen, wie eine Seite optimal für Suchmaschinen gestaltet werden muss. Oft ist es gar kein böser Wille oder die Maxime, möglichst viel Umsatz aus einem Auftrag zu generieren. Es ist schlicht Unkenntnis. Sie werden zu Recht fragen, ob es denn nicht zum Handwerkszeug eines Webdesigners gehört, wenigstens ein kein wenig auch an Suchmaschinen zu denken? Da bin ich unschlüssig. Einerseits sollte er die Basics beherrschen. Umgekehrt ist Suchmaschinenoptimierung heute eine Tätigkeit, die sehr viel Know-how und sehr viel Beschäftigung mit dem Thema voraussetzt. Ein „normaler“ Webdesigner oder eine Agentur kann das heute gar nicht mehr vernünftig leisten. Es ist ein Spezialjob geworden. Allerdings ist es eine Todsünde, einen Spezialisten erst dann einzubinden, wenn schon alles fertig ist. In den meisten Fällen muss dann vieles wieder aufgebrochen werden. Geld und Zeit wird verschwendet.

Michael Jost: Also gut, der potentielle Kunde hat mich gefunden, jetzt soll er am besten etwas bei mir kaufen. Wie bekomme ich ihn dazu? Was ist denn wichtig??

Professor Fischer: Gerade wenn Besucher über Suchmaschinen kommen, geben sie einer Webseite wenig Zeit. Etwa eine Sekunde hat man, um zu visualisieren, worum es hier genau geht. Tippt jemand einen Domainnamen von einer Visitenkarte ein, verhält er sich dagegen völlig anders – und toleranter. Beim unserem „First-Impression“ Test stellen wir immer wieder fest, dass man auf vielen Webseiten beim besten Willen auf diesen ersten Blick nicht erkennen kann, was der Betreiber macht bzw. anbietet. Man darf das Umfeld eines Suchmaschinennutzers nicht vergessen: Er kommt von einer Seite mit zehn Alternativen. D. h. er hat nach dem Klick auf den Zurück-Button noch weitere, vielversprechende Möglichkeiten. Warum soll er sich mit einer kompliziert wirkenden Seite rumschlagen? Warum soll er den „Unternehmensvisions-Film“ mit „Skip intro“ überspringen, wenn er nicht mal weiß, was das bedeutet? Das Design bestimmt zum großen Teil mit, ob es den Besuchern Spaß macht und Ihre Amygdala Dopamin ausstößt. Wir sehen zum Beispiel gerne andere Menschen auf Webseiten – eine Augenpartie kann schon reichen, um eine Webseite sympathischer zu machen. Oder: Wir klicken gerne auf dreidimensionale Buttons. Viel lieber als auf flache Rechtecke mit „kaufen“. Solche Aufzählungen könnte man endlos fortsetzen. Leider gibt es wenig richtig ausgebildete Webdesigner, die dieses Handwerk auch wirklich gelernt haben. Sie beherrschen die Technik – meist im Eigenstudium. Warum muss ein Setzer zwei Jahre lernen? Weil er Farbenlehre, Typografie oder Kerning kennen und deren gezielten Einsatz lernen muss. Wir brauchen einfach zu viele Webdesigner und sie schießen wie Pilze – leider eben oft ungelernt- aus dem Boden. Welches Unternehmen würde einen ungelernten Mitarbeiter an die Gestaltung eines Prospektes, eines Messeaufbaus oder eines Schaufensters ran lassen? Eben.

Michael Jost: Können Sie ein paar Beispiele und Beispielunternehmen für schlechte Benutzerfreundlichkeit (Usability) nennen?

Professor Fischer: Das Web ist voll davon und jeder Nutzer ärgert sich mindestens einmal pro Tag über Webseiten, die wie zerplatzte Maikäfer wirken. Z. B. Dell verlangt seinen Käufern schon ein hohes Maß an Leidensfähigkeit ab, wenn diese online einen PC oder ein Notebook zusammen stellen möchten. Dort wird seit Jahren fast alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Aus meiner Sicht ist es kein Wunder, dass Dell – die übrigens hervorragende Produkte herstellen! – immer weiter abrutscht. Bei den Online-Sünden grenzt es an ein Wunder, dass dort überhaupt nennenswert Produkte abgesetzt werden können. Wahrscheinlich fängt die Hotline viel ab. Aber auch Unternehmen wie BMW muten ihren Besuchern einiges zu. Deren Webauftritt wurde vor kurzem komplett in Flash umgestellt. Man kann dort nun die Fahrzeuge um 360 Grad drehen. Eine hübsche Spielerei, die den Vorstand sicher begeistert hat. Und der Kunde? Welches denkbare Kundenproblem löst es, einen 3er BMW in Matchboxautogröße drehen zu können? Mir fällt keines ein, denn jeder sieht diese Autos jeden Tag im Original auf jeder Straße. Von schräg hinten muss ich die mir im Web bestimmt nicht ansehen. Umgekehrt war das Budget mit diesen Spielereien wohl aufgezehrt. Was die potentiellen Käufer interessiert, finden sie bei BMW nicht – zumindest nicht auf den ersten Blick. Preise? Verbrauch? Beschleunigung? Fehlanzeige. Man muss sich ein oder zwei mehrere Megabyte große PDF-Dokumente downloaden. Eben die Prospekte und Preislisten – diesmal in Originalgröße und auch mit allen leeren (Rück-)Seiten des Originalprospekts. Das wirkt nicht gerade kundenfreundlich. Der Link für einen neue Farbpatone nach dem Selbstausdruck fehlt allerdings noch. Was ich damit meine ist, dass noch immer nicht nachgedacht wird, was den Besucher nützt und welche Informationen ihm helfen. Stattdessen versucht man ihn wie im Kaufhaus zu „emotionalisieren“. Klassischer Zitronenstaub aus der Marketingwelt zur Kaufverführung funktioniert im Web eben nur bedingt. Dort gelten andere Gesetze.

Michael Jost: Ok, gefunden werden und dann den Besucher nicht verjagen. Wie komme ich denn zu einer guten Webseite, die auch gefunden wird? Wie lange dauert eine Optimierung, kann man stufenweise vorgehen oder ist es sinnvoller einen „Big-Bang“ zu realisieren?

Professor Fischer: Das hängt davon ab, was man auf einer Website vorfindet. Sind es gravierende Fehler in der Usablility und stellt sie für die Robots einer Suchmaschine hohe Hürden dar, sollte man diese zuerst und am Stück beheben. Danach schließt sich das Finetuning an. Eine Website ist im Grunde nie „fertig“. Der Vorteil ist, das jede positive Maßnahme sich in der Regel auch in einer Verbesserung der Kennzahlen (Neukundengewinnung, Umsatz, Gewinn ect.) niederschlägt. Dazu gehört natürlich auch, ein aussagekräftiges Controlling einzurichten, damit weitere notwendige Optimierungsmaßnahmen erkannt und deren Umsetzung auch gemessen werden können.

Michael Jost: Klingt ja alles sehr überzeugend, trotzdem ist das ja alles nicht umsonst und am Ende zählt der greifbare Erfolg. Wieviele der von Ihnen unterstützen Unternehmen haben denn nachweislich ihren Online-Umsatz bzw. Umsatz durch die Online Aktivitäten verbessert? Um wie viel?

Professor Fischer: Das ist bei den meisten Unternehmen der Fall. Tuned man einen Rennwagenmotor, das Fahrwerk und andere Dinge, kann man hinterher schneller am Ziel sein. Ob man schneller als die Konkurrenz ist, hängt aber auch vom Fahrer ab. Wir haben Kunden, die ihren Umsatz über das Web mehr als verdoppelt haben. Einer hat uns erst letztes Jahr gebeten, „ein klein wenig langsamer zu machen“, weil er mit seinem kleinen Unternehmen die Anfragen, die teilweise plötzlich weltweit kommen, gar nicht mehr abarbeiten kann. Als etwas älterer, gewachsener Unternehmer misstraut er der Stabilität des Online-Schubs noch und baut daher seine Kapazitäten nicht entsprechend auf. Vorsicht ist aber durchaus auch als eine vernünftige Strategie zu sehen. Niemand kann den dauerhaften Erfolg via Suchmaschinen seriös garantieren. Lässt sich eine Suchmaschine einen neuen Filter einfallen, kann es durchaus passieren, dass die Rankinglisten völlig durcheinander geraten. Wir haben auch Kunden, die durch unbedachten Linktausch und den Einkauf bezahlter Links Strafen von Google bekommen haben und verzweifelt nach einem Umsatzeinbruch von 90% (!) bei uns anfragen. Nach einer eingehenden Analyse muss man dann leider manchmal feststellen, dass die Domain „verbrannt“ wurde und der Shop wohl unter dieser Adresse nie mehr oder nur sehr aufwendig wieder auf die erste Ergebnisseite geholt werden kann. Aber in der Regel funktioniert die Formel: „Sich von mehr interessierten Neukunden finden lassen + möglichst viele dieser neuen Besucher durch gute Usability durch den Auftritt geleiten = Mehr Anfragen, mehr Aufträge, mehr Umsatz“ recht gut. So gut, dass wir vor viele Jahren damit aufhören konnten, aktiv Werbung für uns zu machen. Alle Anfragen bei uns beruhen auf Weiterempfehlungen und unserem guten Ruf. Erst kürzlich hat uns ein Mitarbeiter eines großen DAX-Unternehmens, der an einem firmeninternen Know-how Workshop teilgenommen hat, berichtet, dass die ersten Umstellungen an der Website den Traffic über Google auf der Webseite glatt verdoppelt hat. Was mich persönlich sehr freut, denn unabhängig, dass wir unsere Brötchen mit solchen Dingen verdienen, ist das auch ein Stück aktive Wirtschaftshilfe. Und das tut auch dem Standort Deutschland gut.

Michael Jost: Herr Professor Fischer, vielen Dank für das Gespräch!